Change Management im Krankenhaus

Projekte

Veröffentlicht 06.11.2022 12:30, Dagmar Finlayson

Dieser Fachartikel gibt eine Sicht aus der Praxis auf das Thema „Change Management“ im Zusammenhang mit der Durchführung von IT-Projekten im pflegerischen und medizinischen Bereich. Diese Veröffentlichung legt den Focus auf die Praxis und dem Alltag im Krankenhaus. Sie richtet sich an alle Akteure innerhalb des Krankenhauses und möchte eine konstruktive Auseinandersetzung und Diskussion rund um dieses Thema unterstützen. Von Anouk van Pruissen,  Healthcare consultant, und Sebastian Liedgens, Healthcare consultant, Better Healthcare

Einleitung

Wenn man sich mit dem Begriff „Change Management“ im Krankenhaus befasst, ist die häufig anzutreffende Meinung, dass Change Management sich vor allen Dingen auf die Themen „Personalwesen“, „Führungskräfte“, “Personalentwicklung“ sowie der Einstellung und Bindung von Mitarbeitern konzentriert.

Change Management im Zusammenhang mit der Projektdurchführung betrifft jedoch alle Mitarbeiter, Strukturen und Ebenen einer Organisation und es ist wichtig, dass alle Beteiligten wissen, was Change Management ist, was es für ihre tägliche Arbeit bedeutet und was von ihnen erwartet wird.

Diese Veröffentlichung, mit dem Focus auf die Praxis und dem Alltag im Krankenhaus, richtet sich an alle Akteure innerhalb des Krankenhauses und möchte eine konstruktive Auseinandersetzung und Diskussion rund um dieses Thema unterstützen.

Für diese Veröffentlichung wurde beispielhaft die Durchführung von IT-Projekten im pflegerischen und medizinischen Bereich gewählt da besonders in dem Bereich der unmittelbaren Patientenversorgung ein großes Spannungsfeld existiert und der Faktor „Mensch“ eine zentrale Rolle einnimmt.

Die zentralen Fragen, die es zu betrachten gilt, sind: Was genau ist Change Management und welche Methoden und Herangehensweisen gibt es? Was bedeutet Change Management für die Organisation, das Management und die Mitarbeiter? Welches sind die Besonderheiten, die es im Rahmen von Veränderungsprojekten zu beachten gilt?

IST-Zustand

Die Realität im Rahmen von IT-Projekten in den Bereichen der unmittelbaren Patientenversorgung ist heute stark geprägt von dem führenden Gedanken, dass bei der Durchführung von Projekten der Fokus auf die funktionale Implementierungsplanung gelegt werden sollte.

Dieser Aspekte ist unverzichtbar bei der Vorbereitung, Planung und Durchführung von Projekten und hat seine unangefochtene Berechtigung und Notwendigkeit.

IT-Projekte im Bereich der unmittelbaren Patientenversorgung sollten jedoch nicht als „reine“ IT-Projekte, sondern auch als Change Management-Projekte verstanden werden.

Sie sind weit mehr als „nur“ die Installation der Hard- und Software, dem Customizing und der Schulung. Für die vorgenannten Punkte sind in der Regel die IT-Abteilung, der Hersteller, bereits geschulte Key-User und ggf. sonstige Dienstleister zuständig. 

Das Verständnis, dass es sich hierbei auch um Change Management-Projekte handelt liegt in der Tatsache begründet, dass die Systemeinführungen immer mit Änderungen des Verhaltens und der Organisation des Arbeitsalltags der Mitarbeiter einhergeht. Dieser Change-Aspekt und seine Wirkung auf die betroffenen Mitarbeiter und die Projektdurchführung wird häufig unterschätzt, hat aber großen Einfluss auf die Mitarbeiterzufriedenheit, die Akzeptanz des Projekts und die erfolgreiche und nachhaltige Projektdurchführung.

Was ist "Change Management"?

Change Management ist definiert als die „Laufende Anpassung von Unternehmensstrategien und -strukturen an veränderte Rahmenbedingungen.“[1]

Der Begriff „Change Management“ ist sehr vielschichtig, da die menschliche Komponente eine äußerst bedeutende Rolle spielt. Dies liegt an den menschlichen Emotionen, die bei Veränderungsprozessen eine große Rolle spielen. Veränderungen sind mit Unsicherheit, Emotionen und Widerstand verbunden und beeinflussen die "Haltung“, die „Akzeptanz“ und das „Verhalten“ der Mitarbeiter (siehe Abbildung 1). Der Faktor „Akzeptanz“ beinhaltet die wichtigen und zu berücksichtigenden Fragestellungen „Wer sind die Förderer eines Projekts?“, „Wer kann das Projekt vorantreiben?“, „Wer sind die Gegenspieler?“ und „Wer sind die verborgenen Gegenspieler?“.  Bei dem Faktor „Haltung“ hingegen, geht es um die Sichtweise und Überzeugung bezogen auf ein Projekt. Eine Fragestellung könnte z. B. sein „Wie kann ich als Manager eine positive Sicht und Überzeugung auf das Projektziel bei den Mitarbeitern erreichen?“.  Bei dem Faktor „Verhalten“ stellt sich die Frage „Welche Auswirkungen hat Macht und politische Verantwortung eines jeden Mitarbeiters auf das Projekt und wie kann man dies bei einem Projekt berücksichtigen?“. Das Wissen um die vorgenannten Faktoren und der Umgang mit ihnen, hat einen großen Einfluss auf den Erfolg der Projekte, weshalb Change Management integraler Bestandteil jedes IT-Projekts sein sollte.

Abbildung 1: Change Management Eisberg (Better Healthcare GmbH)

Change Management Modelle und Methoden

Es gibt verschiedene Modelle und Methoden die im Rahmen des Change Managements zum Einsatz gebracht werden können. Das jeweilige Modell bzw. die Methode kann als strukturierende Unterstützung wie ein roter Faden verstanden werden der/ die sich durch den ganzen Weg der Veränderung zieht. Viele dieser Modelle und Methoden sind in Schritte, Phasen oder Stufen eingeteilt. Einige Modelle und Methoden fokussieren mehr auf die Organisation, Strategie, Prozesse und andere mehr auf den Menschen. Als ein Modell für die starke Fokussierung auf Organisation, Struktur und Prozesse, kann das „7S-Modell McKinsey“ [2] genannt werden.

Dieses Modell kann organisatorische Veränderungen unterstützen, bei der Implementierung einer neuen Strategie helfen, aufzeigen, wie sich die einzelnen Bereiche in Zukunft verändern können und die Fusion von Organisationen ermöglichen.

Ein Ansatz welcher stark auf den Menschen und seine Gefühle im Rahmen von Veränderungen fokussiert, ist die sog. „Kübler Ross Kurve“ oder „Change Kurve“.

Dieser Ansatz basiert auf den Arbeiten von Elisabeth Kübler-Ross und wurde von unterschiedlichen Autoren in den Business Kontext übertragen und ist seitdem ein Ansatz [MR|B4] im Change Management.

Elisabeth Kübler-Ross (1926-2004) war eine schweizerisch-amerikanische Psychiaterin. 1969 beschrieb Kübler-Ross in ihrem Buch "On Death And Dying" fünf Phasen der Trauer. Diese Phasen repräsentieren das normale Spektrum der Gefühle, die Menschen erleben, wenn sie mit Veränderungen in ihrem Leben konfrontiert werden.

Diese im pflegerischen und ärztlichen Umfeld bekannten fünf Phasen der Trauer bzw. die weiterentwickelte „Kübler Ross Kurve“ kann bei der Durchführung von IT-Projekten im pflegerischen und medizinischen Bereich hilfreich sein, um ein Verständnis über die Reaktionen zu erhalten, die im Rahmen von solchen Veränderungen auftreten können und bei der Durchführung von Projekten berücksichtigt werden müssen. Wichtig ist hierbei, dass jedes Individuum seine eigene Zeit braucht, um die Phasen zu durchleben.

                 

Abbildung 2: Kübler Ross Kurve (Better Healthcare GmbH)

Andere verbreitete Modelle und Ansätze  sind, dass „Transitionsmodell von William Bridges“, die „Lewis Deep Democracy Methode“, dass „3-Phasen-Modell von Lewin“ und dass „Prosci ADKAR Modell“.

Anmerkung: Details zu den vorgenannten Modellen und Ansätzen finden Sie in unserem Whitepaper „Change Management im Krankenhaus“.

Welches Modell bzw. Ansatz für die anstehende Veränderung gewählt wird, hängt stark von der durchzuführenden Veränderung ab. Bei allen Modellen und Methoden spielt aber der Faktor „Mensch“ eine wichtige Rolle und so sollten die betroffenen Mitarbeiter immer in den Veränderungsprozess einbezogen werden.

Schlüsselfaktoren des Change Managements für die erfolgreiche Durchführung von IT-Projekten im pflegerischen und medizinischen Bereich:

  • Verständnis und Kenntnis zu dem Thema „Change Management“
  • Die Entscheidungsträger tragen das Projekt und sind die führenden Unterstützer im
  • Change Management Prozess
  • Eine transparente, wertschätzende und konstruktive Kommunikation als zentrales Element
  • Aktive Einbeziehung der Organisation und der Mitarbeiter (Förderer, potenzielle
  • Projektunterstützer, verborgene Gegenspieler und Gegenspieler – siehe Abbildung 1)
  • Die vorangehende Prozessanalyse als Grundlage und Informationssammlung auch für die
  • Planung und Umsetzung des Change Managements

Weiterführende Details zu dem Thema „Change Management“ finden Sie im White Paper von Better Healthcare, welches Sie über den QR-Code herunterladen können.

 

Autoren:

Anouk van Pruissen, Healthcare consultant

 

Sebastian Liedgens, Healthcare consultant

 

[2] https://wirtschaftslexikon.gabler.de/d ... dell-51911/version-275062


Quelle: Krankenhaus-IT Journal, Ausgabe 05/2022, Stand Oktober 2022

 

 

 

 


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