Gutachten im Auftrag des MDK sind nicht umsatzsteuerpflichtig
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Gutachten im Auftrag des MDK sind nicht umsatzsteuerpflichtig

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Gutachten zur Bestimmung der Pflegebedürftigkeit von Patienten im Auftrag des Medizinischen Diensts der Krankenversicherung (MDK) sind nicht umsatzsteuerpflichtig. So entschied nun endgültig der Europäische Gerichtshof.

Umsatzsteuer in Deutschland und der EU

Umsatzsteuerrecht Deutschland: Heilbehandlungen, die Ärzte in der Humanmedizin in Deutschland durchführen, sind von der Umsatzsteuer befreit (§ 4 Nr. 14 UStG). Außerdem steuerfrei sind Umsätze verschiedener Einrichtungen, wie zum Beispiel der Sozialversicherungsträger oder des MDK (§ 4 Nr. 15 und 15a UStG).
Unionsrecht: Auf EU-Ebene sind eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen, die Einrichtungen mit sozialem Charakter durchführen, steuerfrei (Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL).

BFH-Urteil zur Umsatzsteuerpflicht

Eine ärztliche Gutachterin (Krankenschwester) erstellte für den MDK Gutachten zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit von Patienten. Da sie Diagnosen von Krankheitsbildern erstellte und die Aussicht von Behandlungsmöglichkeiten beurteilte, stand der therapeutische Zweck bei der Begutachtung im Vordergrund. Daher behandelte sie die Einnahmen aus dieser Tätigkeit umsatzsteuerfrei.

Das Finanzamt war anderer Meinung. Die Gutachtertätigkeit sei weder nach nationalem noch nach EU-Recht von der Umsatzsteuer zu befreien. Der Grund dafür war, dass sie weder der Behandlung und Linderung noch der Vorbeugung einer Krankheit diene. Die Gutachterin stellte lediglich fest, in welcher Höhe dem Versicherten ein Anspruch auf Kostenersatz nach dem Gesetz über die Pflegeversicherung zustand.

Das Finanzgericht Niedersachsen entschied, dass auf nationaler (deutscher) Ebene eine Befreiung von der Umsatzsteuer zwar ausscheidet (Urteil vom 09.06.2016, Az. 11 K 15/16). Jedoch könne sich die Krankenschwester für eine Umsatzsteuerbefreiung auf EU-Ebene stützen (Artikel 132 der Mehrwertsteuersystemrichtlinie).

Die Richter des Bundesfinanzhofs (BFH) betrachteten die Gutachten nach nationalem Recht ebenfalls nicht als umsatzsteuerfrei – insbesondere nicht als Heilbehandlung. Sie bezweifelten auch, ob die Leistung nach EU-Recht als eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen steuerfrei sein kann. Um dies zu klären, setzte der BFH das seither bei ihm anhängige Verfahren aus (Beschluss vom 10.04.2019, Az. XI R 11/17). Der Fall liegt nun dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur weiteren Klärung.

Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs

Dienstleistungen für die Erstellung von Gutachten zur Pflegebedürftigkeit müssen nicht zwingend unmittelbar an die pflegebedürftige Person selbst erbracht werden, um als eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbunden zu gelten. Dies bestätigte der EuGH (Urteil vom 08.10.2020, C 657/19). Es ist unerheblich, dass der MDK die Gutachten nur deshalb braucht, damit er seine eigenen steuerbefreiten Leistungen für die betreffende Pflegekasse erbringen kann. Folglich gewährt der EuGH die Umsatzsteuerbefreiung für Pflegebedürftigkeitsgutachten im Auftrag des MDK.

Das sollten Sie wissen

Bei vielen Steuerbefreiungen stellt sich die Frage, ob sie auch auf Subunternehmer übertragbar sind. In den meisten Fällen geht die Steuerbefreiung durch eine solche Auslagerung verloren. Nicht so in diesem Fall. „Pflegebedürftigkeitsgutachten sind nach Auffassung der Luxemburger Richter erfreulicherweise eine Ausnahme“ sagt Ecovis-Steuerberaterin Ines Mummert aus Erfurt,

Ines Mummert, Steuerberaterin bei Ecovis in Erfurt

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