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Gefahr durch Sepsis

So gehen vier Krankenhäuser in MV gegen tödliche Keime vor

Schwester Maja Cordt mit Mundschutz, Haube und Handschuhen in der Unimedizin Greifswald, betreut Patienten, bei denen Krankenhauskeime festgestellt wurden.

Schwester Maja Cordt mit Mundschutz, Haube und Handschuhen in der Unimedizin Greifswald, betreut Patienten, bei denen Krankenhauskeime festgestellt wurden.

Rostock. Sepsis ist weltweit die führende infektionsbedingte Todesursache. Bundesweit treten laut Hochrechnungen jährlich etwa 215 000 neue Sepsisfälle auf. Mehr als ein Drittel der Patienten stirbt an der Erkrankung.

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Wie das Sepsismanagement in Kliniken von MV funktioniert, wollte die OZ wissen. Vier Klinik-Vertreter aus MV beantworteten dazu im Kurzinterview jeweils dreimal die selben Fragen.

Prof. Dr. Emil Reisinger, Vorstandsmitglied der Unimedizin Rostock

Wie funktioniert das Sepsismanagement in Ihrem Haus? Existiert eine sogenannte Sepsisschwester?

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Prof. Reisinger: Das Sepsismanagement an der Unimedizin Rostock wird durch standardisiertes Vorgehen geregelt, das sich an nationalen und internationalen Leitlinien orientiert. An der Klinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie wurde eine Schwerpunktprofessur mit dem Sepsisspezialisten Prof. Dr. Tobias Schürholz besetzt, der Mitglied im Steuerungskomitee des Deutschen Qualitätsbündnis Sepsis (DQS) ist.

Wie hoch fällt die prognostizierte Zahl an Sepsistoten in Ihrem Haus pro Jahr aus? Wie hoch ist die tatsächliche Zahl?

Die Sterblichkeit an Sepsis an der Universitätsmedizin Rostock nach DQS 2017 beträgt 29,58 Prozent. Vergleiche der Sterblichkeit sind jedoch mit Vorsicht zu betrachten, da die Sterblichkeit in fortgeschrittenen Stadien, beispielsweise septischer Schock, höher ist.

Welche Schritte zur Vermeidung von Sepsiserkrankungen sehen Sie als vordringlich an?

Ein Patient, der im Bett liegt und den Eindruck macht, er sei der Straßenbahn nachgelaufen, zeigt die Zeichen einer Sepsis: Rasche Atmung, rascher Puls, Erhöhung oder Verminderung der Körpertemperatur, Erhöhung oder Verminderung der weißen Blutkörperchen und Blutdruckabfall. Der Blutdruckabfall führt dann zum Versagen von einem oder mehreren Organen, zum Beispiel Niere, Lunge, Leber, Herz. Unsere Studenten an der Universitätsmedizin werden schon früh und wiederholt im Studium an die Diagnostik der Sepsis herangeführt. Wichtig für das Überleben der Sepsis ist die frühzeitige Vorstellung beim Arzt, die frühe Gabe von Antibiotika, um den auslösenden Keim zu bekämpfen und die Gabe von Flüssigkeit, um dem Blutdruckabfall entgegenzuwirken.

Prof. Dr. Wolfgang Motz, Ärztlicher Direktor des Klinikums Karlsburg

OZ: Wie funktioniert das Sepsismanagement in Ihrem Haus? Existiert eine so genannte Sepsisschwester?

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Prof. Motz: Im Klinikum Karlsburg besteht ein strukturiertes Sepsismanagement. Beraten wird das Klinikum Karlsburg vom Institut für Medizinische Mikrobiologie, Virologie und Hygiene der Universitätsmedizin Rostock.

Wie hoch fällt die prognostizierte Zahl an Sepsistoten in Ihrem Haus pro Jahr aus? Wie hoch ist die tatsächliche Zahl?

Das Klinikum Karlsburg ist ein Sekundär- und Tertiärzentrum (Spezialklinik) auf den Gebieten der Herzmedizin und Diabeteserkrankungen. Entsprechend werden in das Klinikum Karlsburg viele Patienten mit Komplikationen unter anderem auch mit einer Sepsis (zum Beispiel bei Entzündung der Herzklappen oder infizierten Implantaten (Schrittmacher, Defibrillatoren), infizierten Wunden) aus anderen Kliniken der Region verlegt. Deshalb ist die Anzahl der Patienten, die an einer Sepsis in unserem Haus versterben, jährlich variabel und nicht zu prognostizieren.

Welche Schritte zur Vermeidung von Sepsiserkrankungen sehen Sie als vordringlich an?

Im Klinikum Karlsburg besteht ein aufwendiges Hygienemanagement, das weit über die gesetzlichen Anforderungen hinausgeht.

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Prof. Dr. Alexander Riad, Ärztlicher Direktor des DRK Krankenhauses Teterow

OZ: Wie funktioniert das Sepsismanagement in Ihrem Haus? Existiert eine sogenannte Sepsisschwester?

Prof. Riad: Das medizinische Personal, insbesondere in der Notaufnahme und auf der Intensivstation, ist intensiv geschult. Es gibt im Haus zertifizierte infektionsverantwortliche Ärzte mit einer speziellen Zusatzausbildung.

Wie hoch fällt die prognostizierte Zahl an Sepsistoten in Ihrem Haus pro Jahr aus? Wie hoch ist die tatsächliche Zahl?

Im ersten Halbjahr hatten wir 84 Sepsisfälle. Ein Patient ist an dieser Erkrankung verstorben.

Welche Schritte zur Vermeidung von Sepsiserkrankungen sehen Sie als vordringlich an?

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Ganz klar die möglichst frühzeitige Diagnose und die umgehende Einleitung einer meist antibakteriellen Therapie. Zudem spielt die Krankenhaushygiene eine besondere Bedeutung, da sich auch bei stationären Patienten eine Sepsis entwickeln kann, die dann häufig besonders kompliziert ist.

Mathias Bonatz, Pressesprecher des Helios-Hanseklinikums Stralsund

OZ: Wie funktioniert das Sepsismanagement in Ihrem Haus? Existiert eine sogenannte Sepsisschwester?

Bonatz: Das Sepsismanagement orientiert sich an den aktuellsten Sepsisleitlinien und wird von einem interdisziplinären Team von Intensivmedizinern, Mikrobiologen, Hygienemedizinern und Antibiotikaexperten in strukturierten, regelmäßigen Visiten am Patientenbett überwacht. Um die Therapie weiter zu optimieren, ist die Stelle einer spezialisierten Sepsisschwester bereits geschaffen worden und ausgeschrieben.

Wie hoch fällt die prognostizierte Zahl an Sepsistoten in Ihrem Haus pro Jahr aus? Wie hoch ist die tatsächliche Zahl?

2018 sind 18,6 Prozent der Patienten mit Hauptdiagnose Sepsis verstorben. Das liegt unter den offiziellen Vergleichszahlen (etwa 25 Prozent), aber knapp über dem, was wir uns vorgenommen hatten (17 Prozent). Wir haben daher Schritte eingeleitet, um die Sterblichkeit weiter zu reduzieren, zum Beispiel die Teilnahme am Sepsisprojekt in Kooperation mit der Universität Greifswald.

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Welche Schritte zur Vermeidung von Sepsiserkrankungen sehen Sie als vordringlich an?

Wichtig ist, dass eine Sepsis rechtzeitig erkannt wird, um die notwendigen Schritte einzuleiten. Durch Schulung und Sensibilisierung von medizinischem Personal, aber auch Laien; strenges Anwenden von Basishygienemaßnahmen; dem rationalen Einsatz von Antibiotika; dem strukturierten Erfassen und Verarbeiten relevanter Daten, um Behandlungsmaßnahmen zu überprüfen und Optimierungsmöglichkeiten zu erkennen, können Sepsis-Erkrankungen möglichst vermieden beziehungsweise reduziert werden.

Von Volker Penne

OZ

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