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Aus für das Krankenhaus Wolfhagen? Mitarbeiter sind wütend -  „Die Stimmung ist beschissen“

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Die Gesundheit Nordhessen Holding (GNH) strukturiert um - die Klinik Wolfhagen soll geschlossen werden. Viele Mitarbeiter sind wütend. Nun gab es eine Betriebsversammlung.

Update am 20.09.2019 - Viele der Klinik-Mitarbeiter sind wütend und entsetzt. „Die Stimmung ist beschissen“, ruft ein Mitarbeiter, der zusammen mit weiteren Kollegen die  einberufene Betriebsversammlung besuchen will. Auch weitere Mitarbeiterinnen seien sauer, sie hätten erst aus der HNA von der Schließung erfahren. 

„Das ist eine Katastrophe“, sagt ein Mediziner aus Wolfhagen zum möglichen Klinik-Aus. Bei der Erstversorgung von Patienten komme der Klinik eine tragende Rolle zu. Gesundheit sei für einen Menschen doch das Wichtigste. Medizin sei nicht immer kostendeckend. 

Kritisch sehe er auch das Modell, wonach jeder Patient aus dem Wolfhager Land in 30 Minuten eine Klinik erreichen könne. Das sei eben auch nur eine theoretische Berechnung. Bei der Erstversorgung von Patienten komme der Klinik eine tragende Rolle zu. 

Update am 19.09.2019 - So einig sind sich die Fraktionen im Kreistag selten: Einstimmig haben sie am Donnerstag während der Kreistagssitzung in Wolfhagen einen Antrag zur Zukunft des Krankenhauses in Wolfhagen beschlossen. 

Wie berichtet, plant die Gesundheit Nordhessen Holding (GNH), die Klinik in Wolfhagen zu schließen und stattdessen eine ambulante Versorgung aufrechtzuerhalten. Vorgesehen sei eine Verlagerung der stationären Versorgung an das Krankenhaus Bad Arolsen, wo mit geringem Aufwand ein Ausbau möglich sei, hatte die GNH am Mittwoch mitgeteilt. In Wolfhagen wolle man gemeinsam mit dem Landkreis, der Stadt Wolfhagen, mit der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen und den niedergelassenen Ärzten dann ein regionales fachärztliches Gesundheitszentrum einrichten. 

Fachärztliches Gesundheitszentrum in Wolfhagen - das reicht den Mitgliedern des Kreistages nicht

Den Mitgliedern des Kreistages reichen diese Pläne nicht aus. Sie wollen den Klinikstandort in Wolfhagen erhalten. Das wurde während der mit 60 Zuschauern sehr gut besuchten Sitzung deutlich: „Der Kreistag des Landkreises Kassel lehnt eine Schließung der Kreisklinik Wolfhagen ab und fordert die Gesundheit Nordhessen Holding auf, den Beschluss zurückzunehmen“, heißt es in dem dort beschlossenen Antrag, der aus Anträgen von Landrat Uwe Schmidt, der SPD, der CDU und den Grünen zusammengefasst wurde. 

Die Gesundheit Nordhessen Holding will sich neu aufstellen: Das Krankenhaus Wolfhagen soll geschlossen und in ein fachärztliches Gesundheitszentrum verwandelt werden - dagegen wehren sich jetzt die Mitglieder des Kreistages.
Die Gesundheit Nordhessen Holding will sich neu aufstellen: Das Krankenhaus Wolfhagen soll geschlossen und in ein fachärztliches Gesundheitszentrum verwandelt werden - dagegen wehren sich jetzt die Mitglieder des Kreistages. © Archivfoto: Müller

Mit dem Antrag fordert der Kreistag den Kreisausschuss auf, mit Gesundheitsanbietern in der Region ein Konzept für ein regionales Gesundheitszentrum am Standort Wolfhagen zu erarbeiten. Dabei solle sichergestellt sein, dass eine ambulante Notfallversorgung am Klinikstandort Wolfhagen erfolgen könne und dass operative Eingriffe – auch in Zusammenarbeit mit niedergelassenen Ärzten – realisiert werden könnten. 

Forderung: Klinikstandort Wolfhagen soll einen Sicherstellungszuschlag erhalten

Beschlossen wurde zudem, dass sich der Kreisausschuss dafür einsetzen möge, dass der Klinikstandort Wolfhagen einen Sicherstellungszuschlag erhält, damit er weiterhin als vom Hessischen Ministerium für Soziales und Integration anerkannter Notfallstandort im Hessischen Krankenhausplan geführt wird.

Der Landkreis Kassel hofft auf die Hauptversammlung

Noch nicht letztlich geklärt ist, ob der Aufsichtsrat der GNH, in dem auch Landrat Uwe Schmidt sitzt, das Aus der Klinik in Wolfhagen überhaupt hat beschließen dürfen. Christian Geselle als GNH-Aufsichtsratsvorsitzender habe keine Notwendigkeit gesehen, für die Schließung des Krankenhauses einen Beschluss der Hauptversammlung der GNH herbeizuführen, so Landrat Schmidt. „Wir sehen das anders“, sagt Kreis-Pressesprecher Harald Kühlborn. Demnach müssten laut GNH-Satzung Beschlüsse, die die Betriebseinstellung eines Krankenhauses betreffen, in der Hauptversammlung abgestimmt werden – und bräuchten eine hundertprozentige Zustimmung. 

Während im Aufsichtsrat 20 Personen sitzen, sind in der GNH-Hauptversammlung die beiden Gesellschafter Stadt Kassel und Landkreis Kassel die einzigen Mitglieder. Nach dem Beschluss in der gestrigen Kreistagssitzung soll nun der Kreisausschuss eine Sitzung der Hauptversammlung beantragen, in der über die Schließung des Krankenhauses Wolfhagen beraten werden soll.

Hintergrund: Kreiskliniken schreiben rote Zahlen 

Die Kreiskliniken Kassel schreiben laut GNH seit Jahren rote Zahlen, sodass die GNH seit 2005 fast 25 Millionen Euro Verlustübernahmen für die Kreiskliniken habe aufbringen müssen. „Für den Standort Wolfhagen hat der Aufsichtsrat festgestellt, dass die Klinik in der jetzigen Form nicht wirtschaftlich betrieben werden kann und darüber hinaus ein hoher Investitionsbedarf von rund 13 Millionen Euro besteht“, teilte die GNH mit.

Update am 18.09.2019 - Der Krankenhauskonzern Gesundheit Nordhessen (GNH) wird neu ausgerichtet. Konkret betroffen ist vor allem das Krankenhaus in Wolfhagen. 

Es wird geschlossen und durch ein Ärztehaus ersetzt. Eine stationäre Behandlung wird es in Wolfhagen damit nicht mehr geben. Das beschloss der Aufsichtsrat am Dienstag mit großer Mehrheit. 

Klinikum Kassel soll wirtschaftlicher Arbeiten

Der Neubau der Klinik in Hofgeismar geht demnach wie geplant weiter, das Krankenhaus in Bad Arolsen ist nicht betroffen. Das größte Krankenhaus in Hessen, das Kasseler Klinikum, soll wirtschaftlicher arbeiten als bisher, die Seniorenwohnanlage am Lindenberg verkauft werden. Von dem Geschäftsbereich Senioren wolle man sich komplett trennen, heißt es. 

Kassels Oberbürgermeister: "Keine betriebsbedingten Kündigungen"

Der Aufsichtsratsvorsitzende der GNH, Kassels Oberbürgermeister Christian Geselle (SPD), versichert, dass alle Arbeitsplätze im Konzern erhalten bleiben: „Es wird keine betriebsbedingten Kündigungen geben.“ Auch die Beschäftigten in Wolfhagen sollen in anderen Bereichen der GNH weiterarbeiten. 

Stadt Kassel gibt 65 Millionen Euro plus Darlehen

Die Stadt als Hauptgesellschafter will 65 Millionen Euro in die Hand nehmen, um die Neuausrichtung anzugehen. Deshalb ist ein Nachtragshaushalt nötig, der 30 Millionen Euro betragen soll. 

Außerdem gibt die Stadt ein Gesellschafter-Darlehen in Höhe von 35 Millionen Euro, um aktuelle Liquiditätsprobleme zu beseitigen. OB Geselle betont, dass andere Bereiche wie Schulen, Kultur oder Sport durch die Zahlungen nicht beeinträchtigt würden. Die Stadt Kassel ist mit 92,5 Prozent an der GNH beteiligt, der Landkreis hält 7,5 Prozent. 

Aus für Klinik Wolfhagen: Kleine Häuser zu teuer

Die Klinik in Wolfhagen müsse man schließen, weil kleine Krankenhäuser sich nicht rechnen, sagt der neue GNH-Chef Michael Knapp. Außerdem könnten alle Patienten in einer Fahrzeit von maximal 30 Minuten von Wolfhagen aus zu einem Krankenhaus kommen. In Hofgeismar sei das nicht der Fall. 

Dort gebe es nach Untersuchungen etwa 7700 Menschen, die nicht in 30 Minuten das Klinikum Kassel erreichen könnten, sagt Michael Knapp. Auch aus diesem Grund würde man dort am Neubau des Krankenhauses festhalten.

Erstmeldung vom 18.09.2019: Kliniken der Gesundheit Nordhessen Holding werden neu aufgestellt

Die Gesundheit Nordhessen Holding (GNH) und die medizinische Versorgung in der Region sollen neu strukturiert werden. Davon betroffen ist vor allem die Klinik in Wolfhagen.

Sie soll möglicherweise in ein Ärztehaus umgewandelt werden. Der Neubau in Hofgeismar steht aber nicht infrage.

Das ist das Ergebnis einer Aufsichtsratssitzung, die sich am Dienstag über mehrere Stunden und bis in den späten Abend zog, wie hna.de* berichtet.

Der Grund für die Entwicklung sind Gesetzesänderungen in der Krankenhausfinanzierung, die kurzfristig einen erhöhten Finanzbedarf erforderlich machen. Oberbürgermeister und GNH-Aufsichtsratsvorsitzender Christian Geselle erklärte am späten Abend zu aufkommenden Gerüchten, die GNH sei pleite: "Davon kann keine Rede sein. Und bei allen Veränderung wird es keine betriebsbedingten Kündigungen geben."

Von Florian Hagemann und Marie Klement

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