L 1 KR 176/18

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 198 KR 1779/16
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 176/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 1 KR 66/19
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 10. April 2018 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig sind Kosten einer Krankenhausbehandlung.

Die Klägerin ist Trägerin eines zur Behandlung von Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung zugelassenen Krankenhauses. Sie nahm die 1952 geborene Versicherte der Beklagten B S vom 17. Januar 2012 bis zum 27. Januar 2012 wegen eines kleinzelligen Karzinoms der Vulva zur Behandlung auf. Während der stationären Behandlung wurde die Versicherte täglich im Wege der Strahlentherapie behandelt.

Am 8. Februar 2012 stellte die Klägerin unter Verweis auf die DRG R05Z der Beklagten für die Behandlung der Versicherten 16.650,60 EUR in Rechnung. Die Beklagte beglich die Rechnung zunächst, beauftragte aber am 16. Februar 2012 den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit der Überprüfung der Abrechnung.

In seinem Gutachten vom 2. April 2012 bestätigte der MDK die vom Krankenhaus für die Abrechnung kodierten Haupt- und Nebendiagnosen sowie grundsätzlich auch die Prozedur 8-522.91, meinte aber, dass diese Prozedur nur einmal am Tag in Abrechnung gebracht werden könne.

Die Beklagte wies die Klägerin mit Schreiben vom 26. April 2012 auf das Ergebnis der Begutachtung durch den MDK hin. Nach Kürzung der abgerechneten Prozeduren 8-522.91 ergebe sich nunmehr die DRG R62A. Die Beklagte bat um die Übermittlung eines entsprechend korrigierten Datensatzes. Die Klägerin widersprach der MDK-Begutachtung mit Schreiben vom 13. März 2014. Zu Recht habe sie die Prozedur 8-522.91 zweimal täglich kodiert. Das ergebe sich aus der Definition dieser Prozedur im OPS Version 2012. Die Beklagte befragte erneut den MDK. Dieser blieb in seinem Gutachten vom 10. Juli 2014 bei seiner Auffassung, dass die fragliche Prozedur nur einmal täglich abgerechnet werden dürfe.

Die Beklagte, die bereits am 18. Juni 2014 den sich nach ihrer Auffassung überzahlten Betrag von 9.823,45 EUR mit einer anderen unstreitigen Forderung der Klägerin verrechnet hatte, wies die Klägerin mit Schreiben vom 30. Juli 2014 auf das Ergebnis des weiteren MDK-Gutachtens hin. Damit werde es bei der bereits vorgenommenen Verrechnung bleiben.

Mit der am 21. September 2016 bei dem Sozialgericht Berlin eingegangenen Klage begehrt die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von weiteren 9.823,45 EUR für die Behandlung der Versicherten in der Zeit vom 17. Januar 2012 bis zum 27. Januar 2012. Die Klägerin hat auf mehrere Vergleichsverfahren vor dem Sozialgericht Berlin zu den Voraussetzungen der OPS 8-522.91 Bezug genommen, in denen ihre Rechtsauffassung jeweils bestätigt worden sei. Die Beklagte hat dagegen auf eine Auskunft des DIMDI verwiesen, welche die Auffassung des MDK bestätigt habe.

Das Sozialgericht hat die Beklagte durch Urteil vom 10. April 2018 zur Zahlung verurteilt. Eine Aufrechnungslage habe nicht bestanden, die Beklagte keinen Erstattungsanspruch gegen die Klägerin gehabt. Die Voraussetzungen für den Anspruch auf Krankenhausvergütung seien dem Grunde nach erfüllt gewesen, die Klägerin habe den Behandlungsfall zu Recht unter zwölfmaliger Kodierung der Prozedur OPS 8-522.91 abgerechnet. Daraus ergebe sich die Abrechnung der DRG RO5Z. Nach dem OPS seien bei der Strahlentherapie die Fraktionen einzeln zu kodieren. Eine Fraktion werde über das Zielvolumen bestimmt, dieses wiederum über die Dosis und das Dosiszeitmuster. Ein einziges Zielvolumen könne daher nur vorliegen, wenn es sich um dieselbe Dosis handele, also eine Körperregion mit einer Dosis bestrahlt werde. Eine Dosis sei dagegen nicht die Energie, welche der Linearbeschleuniger insgesamt abgebe, ehe sie auf die einzelnen Dosen für verschiedene Körperregionen moduliert werde. Die OPS Definition stelle nämlich nicht auf die abgegebene Energiemenge, sondern auf die an einer definierten Körperstelle ankommende Menge ab. Weil der Wortlaut nicht auf die Anzahl der strahlentherapeutischen Sitzungen abstelle, sei unerheblich, dass bei Anwendung neuerer Techniken für mehrere unterschiedliche Einzeldosen nur ein einziger Bestrahlungsvorgang nötig sei, es keiner Tischverschiebung oder Umlagerung der Patienten bedürfe. Die in dem OPS selbst enthaltene Definition gehe einer allgemeinen Definition vor. Die gegenwärtig in der Strahlentherapie allgemein anerkannte Definition zum Zielvolumen spiegle den technischen Fortschritt wieder, der aber in dem OPS-Katalog offenbar noch nicht verarbeitet sei. Danach sei die Auffassung der Klägerin zutreffend, dass wegen der unterschiedlichen Bestrahlungsintensitäten in der Primärtumorregion und dem umgebenen Bereich von zwei Zielvolumina auszugehen war und damit auch zwei Fraktionen zu kodieren gewesen seien.

Gegen das ihr am 11. Mai 2019 zugegangene Urteil richtet sich die am 4. Juni 2018 bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingegangene Berufung der Beklagten. Das Urteil sei rechtsfehlerhaft. Zwar werde das Zielvolumen unter anderem über die Dosis und das Dosiszeitmuster bestimmt. Zu Unrecht habe das Sozialgericht aber den Begriff der Fraktion mit dem des Zielvolumens gleichgesetzt und dann das Zielvolumen oder Körpervolumen mit dem Wort Region ersetzt. Auch habe es das Merkmal der Tischverschiebung oder Umlagerung vollkommen außer Acht gelassen. Der OPS lege eindeutig fest, dass eine Fraktion alle, auch mehrere Einstellungen und Bestrahlungsfelder (Regionen) innerhalb eines Zielvolumens erfasse. Mehrfach zu kodieren seien nur mehrere Fraktionen und nicht mehrere Körperregionen. Aus der Definition der Fraktion ergebe sich, dass sie nur einmal zu kodieren sei, wenn mehrere Körpervolumen ohne Umlagerung und Verschiebung mit einer festgelegten Dosis nach einem bestimmten Dosiszeitmuster bestrahlt würden. Auf die bereits in das Verfahren eingeführte Antwort des DIMDI auf eine entsprechende Anfrage werde verwiesen. Der OPS schreibe für die mehrfache Kodierung aufgrund einer Sitzung zwingend eine Patientenumlagerung oder Tischverschiebung vor. Auch wenn die Definition des Zielvolumens medizinisch nicht sinnvoll erscheine, seien die Abrechnungsvorgaben nach der Rechtsprechung des BSG streng nach ihrem Wortlaut anzuwenden. Ergänzend werde auf ein aus einem anderen Verfahren bekanntes Sachverständigengutachten verwiesen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 10. April 2018 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verkenne, dass sich das Zielvolumen und damit auch die Fraktion an der Bestrahlung mit einer Dosis definiere. In der DIN 6814-8 werde das Zielvolumen als das räumlich zusammenhängende Volumen definiert, in dem ein bestimmter radioonkologischer Behandlungserfolg erreicht werden solle. Zielvolumen seien zu differenzieren, die mit unterschiedlichen Einzel- oder Gesamtdosen bestrahlt würden, auch wenn keine Patientenumlagerung oder Tischverschiebung erfolge. Wenn in räumlich zusammenhängenden Volumina unterschiedliche Energiedosen / Dosiszeitmuster erreicht werden sollten, würden unterschiedliche Ziel- und Planungs-Volumina festgelegt. Die medizinische Definition würde der aus dem Hinweistext des OPS entsprechen. Ergänzend werde auf ein Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 7. August 2019 verwiesen, in dem ein Vergleichsfall ebenfalls im Sinne der Klägerin entschieden worden sei.

Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte, die Verwaltungsakte der Beklagten und die Patientenakte der Klägerin verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist begründet. Das Sozialgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine höhere Vergütung für die stationäre Behandlung der Versicherten der Beklagten in der Zeit vom 17. Januar 2012 bis 27. Januar 2012.

Die Klägerin verfolgt ihren Zahlungsanspruch zulässigerweise im Wege einer allgemeinen Leistungsklage. Er würde sich aus dem Zahlungsanspruch für eine andere unstreitige Forderung ergeben, mit dem die Beklagte am 18. Juni 2012 einen Erstattungsanspruch wegen der hier streitigen Überzahlung verrechnet hat. Die Klage ist aber unbegründet. Der Beklagten stand in der Höhe des streitigen Betrags ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch zu Die stationäre Behandlung der Versicherten der Beklagten ist von dieser ohne Rechtsgrund in der Höhe vergütet worden, wie sie die Klägerin berechnet hatte. Diese Rechnung war in Höhe des streitigen Betrags von 9.823,45 EUR überhöht.

Rechtsgrundlage für die Vergütung der Behandlung der Versicherten der Beklagten in der Zeit vom 17. Januar 2012 bis zum 27. Januar 2012 sind § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V, § 17 b Abs. 1 Satz 10 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG), § 7 Abs. 1 Satz 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) und der Berliner Vertrag über Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung (§ 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V) vom 1. November 1994 in der Fassung vom 22. September 1997. Nach diesen Regelungen entsteht die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse unabhängig von einer Kostenzusage unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und im Sinne von § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V objektiv erforderlich gewesen ist.

Nach § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V haben Versicherte Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder eine ambulanten Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit liegt vor bei einem Krankheitszustand, dessen Behandlung den Einsatz der besonderen Mittel eines Krankenhauses erforderlich macht. Ob einem Versicherten vollstationäre Krankenhausbehandlung zu gewähren ist, richtet sich ausschließlich nach medizinischen Erfordernissen (Urteil des BSG vom 25. September 2007 – GS 1/06 – und Urteil des BSG vom 23. Juni 2015 – B 1 KR 26/14 R – zitiert jeweils nach juris). Die vollstationäre Behandlung als intensivste – und institutionell konstitutive Form der Krankenhausbehandlung wird in § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V als Ultima Ratio normiert. Demgemäß muss die notwendige medizinische Behandlung in jeder Hinsicht und ausschließlich nur mit den besonderen Mitteln eines Krankenhauses durchgeführt werden können (Noftz in Hauck/Noftz SGB V § 39 RdNr. 72 m.w.Nachw.). Zwischen den Beteiligten steht zu Recht nicht in Streit, dass vom 17. Januar 2012 bis zum 27. Januar 2012 eine medizinische Notwendigkeit für die Behandlung der Versicherten mit den besonderen Mitteln eines Krankenhauses bestand, so dass der Anspruch auf Klägerin auf Vergütung dem Grunde nach entstanden ist.

Der Höhe nach bestimmt sich der Anspruch der Klägerin nach § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V i. V. m. § 7 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) und § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG). Gemäß § 7 Satz 1 KHEntgG werden die Leistungen der Krankenhäuser (u.a.) durch die Abrechnung von Fallpauschalen nach dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog abgerechnet. Diese Entgelte vergüten nach § 7 Satz 2 KHEntgG alle allgemeinen Krankenhausleistungen. Die Spitzenverbände der Krankenkassen bzw. seit dem 1. Januar 2008 der Spitzenverband Bund der Krankenkassen haben dazu nach §§ 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KHEntgG, 17b Abs. 2 KHG Fallpauschalen und ein Vergütungssystem zu vereinbaren, das sich an einem international bereits eingesetzten Vergütungssystem auf der Grundlage der Diagnosis Related Groups (DRG) orientiert und jährlich weiterzuentwickeln und anzupassen ist. Das Vergütungssystem der allgemeinen Krankenhausleistungen soll nach § 17 b Abs. 1 Satz 1 KHG durchgängig, leistungsorientiert und pauschalierend sein. Dieses auf Vereinbarungen zwischen dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der der Deutschen Krankenhausgesellschaft beruhende Vergütungssystem wurde nach § 17b Abs. 6 Satz 1 KHG verbindlich für alle Krankenhäuser zum 1. Januar 2004 eingeführt. Der in Ausführung dieser gesetzlichen Verpflichtung vereinbarte Fallpauschalenkatalog sieht für die Zuordnung eines bestimmten Behandlungsfalls zu einer DRG zwei Schritte vor: Zunächst ist die durchgeführte Behandlung entsprechend ihrem Gegenstand und ihren prägenden Merkmalen nach einem vom Deutschen Institut für medizinische Dokumentation und Information herausgegebenen Kode zu verschlüsseln. Dazu haben die Vertragspartner Kodierrichtlinien beschlossen, die ebenfalls jährlich überprüft und angepasst werden. Aus den vorzunehmenden Kodierungen ergibt sich nach bestimmten vorgegebenen, vom Krankenhaus nicht zu beeinflussenden Kriterien die Zuordnung zu einer bestimmten DRG. Aus dieser wird dann nach Maßgabe des Fallpauschalenkatalogs und der Pflegesatzvereinbarung die von der Krankenkasse zu zahlende Vergütung berechnet (vgl. BSG Urt. v. 8. November 2011 – B 1 KR 8/11 R – juris Rn 17-21, Urt. v. 18. September 2008 – B 3 KR 15/07 R – juris Rn 16). Welche der über die Höhe der Vergütung entscheidenden DRG-Positionen abzurechnen ist, ergibt sich damit nicht aus einem abstrakten Tatbestand, sondern steht am Ende des Verarbeitungsprozesses der einzugebenden Daten. Nach § 1 Abs. 6 Satz 1 FPV sind zur Zuordnung eines Behandlungsfalles zu einer Fallpauschale Programme (sog. Grouper) einzusetzen, die von dem Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus zertifiziert sein müssen. Über die in das Programm einzugebenden Daten bestimmt der ICD-10 in der deutschen Fassung sowie der vom Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) herausgegebenen Operationen- und Prozedurenschlüssel (OPS).

Die Klägerin hat ihre Rechnung grundsätzlich nach diesen Vorgaben erstellt. Streitig ist zwischen den Beteiligten ausschließlich, wie oft für die Behandlung der Versicherten die Prozedur OPS 8-522.91 abzurechnen gewesen ist, ein- oder zweimal täglich Im Übrigen sind sich die Beteiligten darüber einig, dass nur unter der Voraussetzung der Zulässigkeit der Kodierung der Prozedur OPS 8-522.91 im Umfang von zweimal täglich (insgesamt zwölfmal) die Behandlung auf der Grundlage der von der Klägerin abgerechneten R05Z zu vergüten wäre. Nur dann hätte die Klägerin Anspruch auf Zahlung der 9.823,45 EUR gehabt, welche von der Beklagten mittlerweile anderweitig verrechnet worden sind.

Der OPS Version 2012 erfasst die Strahlentherapie unter der Ordnungsnummer 8-52. Mit der OPS 8-522.91 werden erfasst Linearbeschleuniger, intensitätsmodulierte Radiotherapie mit bildgestützter Einstellung. Unter 8-52 wird allgemein bestimmt, dass jede Fraktion einzeln zu kodieren ist. Eine Fraktion umfasst alle Einstellungen und Bestrahlungsfelder für die Bestrahlung eines Zielvolumens. Zielvolumen ist das Körpervolumen, welches ohne Patientenumlagerung oder Tischverschiebung über zweckmäßige Feldanordnungen erfasst und mit einer festgelegten Dosis nach einem bestimmten Dosiszeitmuster bestrahlt werden kann. Nach diesen Vorgaben durfte die Klägerin die OPS-8-552.91 nur einmal täglich kodieren.

Aus der Definition der hier streitigen OPS ergibt sich zunächst, dass die Zahl der kodierfähigen Prozeduren der Zahl der Fraktionen entspricht. Das Vorliegen einer Fraktion bestimmt sich entsprechend der im OPS 8-52 zu findenden Definition nach dem bestrahlten Zielvolumen. Das wiederum ist das Körpervolumen, welches ohne Patientenumlagerung erfasst und mit einer festgelegten Dosis nach einem bestimmten Dosiszeitmuster bestrahlt werden kann. Nur die Bestrahlung mehrerer Körpervolumina kann danach das Vorliegen mehrerer Zielvolumina begründen. Entscheidungserheblich ist deshalb, nach welchen Maßstäben die Identität des bestrahlten Körpervolumens zu bestimmen ist. Aus der in der OPS enthaltenen Definition ergibt sich zunächst, dass ein weiteres Körpervolumen bestrahlt wird und entsprechend eine weitere Friktion abrechenbar ist, wenn nach einem ersten Bestrahlungsvorgang eine Patientenumlagerung oder Tischverschiebung stattgefunden hat.

Im Übrigen ist nach der OPS 8-522.91 weitere Voraussetzung für ein Zielvolumen, dass es mit einer festgelegten Dosis nach einem bestimmten Dosiszeitmuster bestrahlt wird. Anders als das Sozialgericht sieht der Senat sich nicht in der Lage, aus dieser Bestimmung herauszulesen, dass sich die Identität des Zielvolumens in dem Sinne nach der Dosis bestimmt, dass bereits die gleichzeitige Verwendung von unterschiedlich hohen Strahlendosen für verschiedene Körperregionen zwingend zur Annahme mehrerer Fraktionen führt (so auch Golder, MedSach 2013, S. 19 für das parallele Problem bei der Auslegung des EBM 5836). Die festgelegte Dosis oder das bestimmte Dosiszeitmuster beziehen sich auf das Körpervolumen, das Ziel der Bestrahlung ist. "Eine Dosis" meint nicht zwingend eine über alle Bereiche identisch hoch bleibende Dosis. Sprachlich kann unter "einer Dosis" oder einem "bestimmten Dosiszeitmuster" auch eine einmal festgelegte Bestrahlungsintensität verstanden werden. Eine weitere Dosis liegt dann nicht bereits vor, wenn von Anfang an festgelegt war, dass unterschiedliche Körperregionen in unterschiedlich hohen Intensitäten bestrahlt werden, sondern wenn nach Durchführung eines ersten Bestrahlungsvorgangs die Dosis oder das Dosiszeitmuster wieder geändert werden. Für die Richtigkeit einer solchen Auslegung spricht Satz 2 der Definition im OPS 8-52, wonach eine Fraktion mehrere Einstellungen und Bestrahlungsfelder umfassen kann. Allein die Tatsache, dass mehrere Körperregionen gleichzeitig bestrahlt werden, kann danach die Annahme mehrerer Fraktionen nicht rechtfertigen. Der medizinische Fortschritt in der Strahlentherapie hat ermöglicht, dass mit einer Einstellung unterschiedliche Zielfelder gleichzeitig mit unterschiedlich hohen Dosen bestrahlt werden können. Die OPS 8-522.91 hat diesen medizinischen Fortschritt vor Augen gehabt und bezieht sich auf ihn. Denn 8-522.9 betrifft gerade die intensitätsmodulierte Radiotherapie. Das spricht dagegen, dass schon die technische Möglichkeit, verschiedene Körperregionen gleichzeitig mit einer Geräteeinstellung mit unterschiedlich hohen Strahlendosen zu belegen, die Abrechenbarkeit mehrerer Fraktionen begründen kann. Zu erinnern ist auch daran, dass die OPS einen bestimmten Behandlungsaufwand abbilden sollen. Wenn es technisch möglich ist, mehrere Köperregionen gleichzeitig, aber mit jeweils unterschiedlich hohen Strahlendosen zu behandeln, entsteht durch den Bestrahlungsvorgang nur einmal ein bestimmter Behandlungsaufwand, welcher durch die OPS 8-522.9 abgebildet wird. Ein erhöhter Behandlungsaufwand entsteht aber erst dann, wenn der Patient nach einem ersten Behandlungsvorgang entweder umgelagert werden muss oder eine Veränderung der Geräteeinstellung vorgenommen wird.

Die Versicherte ist von der Klägerin unstreitig nur in einer Sitzung pro Tag behandelt worden, ohne dass eine Umlagerung oder Tischverschiebung stattgefunden hat oder es zu einem Neustart des Bestrahlungsvorgangs mit veränderter Geräteeinstellung gekommen ist. Demnach konnte auch nur einmal am Tag die OPS 8-522.91 abgerechnet werden. Mithin hat die Beklagte zu Recht eine Überzahlung angenommen und anderweitig verrechnet.

Nach alledem war auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Sozialgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergeht nach § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG liegen nicht vor. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung, weil die hier streitige DRG R05Z mittlerweile geändert worden ist und es nunmehr auf die Zahl der Behandlungstage ankommt.
Rechtskraft
Aus
Saved