Am 16. Dezember haben die rund 300 Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen ihre Feststellungsbescheide aus dem Krankenhausplan des NRW-Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales (MAGS) erhalten. In der Urologie sieht der Plan vor, dass 14 Standorte nicht mehr an der Versorgung teilnehmen werden. Aber auch sonst läuft nicht alles rund.
Unter dem Strich bestanden 526 Standorte der 300 NRW-Kliniken die Leistungsanforderungen des Krankenhausplans NRW. Unter den 94 Klägern vor Verwaltungsgerichten stammen viele aus der Onkologie und der Orthopädie. Die Klagen selbst beziehen sich nach MAGS-Informationen vor allem darauf, dass beantragte Leistungsgruppen am Ende nicht zugewiesen wurden. Wie NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann betonte, haben Klagen keine aufschiebende Wirkung, sodass der Stichtag 1. April in den meisten Leistungsgruppen bestehen bleibt. Eine bis zum 31. Dezember verlängerte Stichtags-Regelung gilt nur für manche kardiologische bzw. orthopädische Eingriffe sowie die Notfallversorgung.
Die Urologie fällt im NRW-Krankenhausplan in den Leistungsbereich 20 mit der Leistungsgruppe 20.1.. In den fünf nordrhein-westfälischen Regierungsbezirken sollen 14 Urologie-Standorte geschlossen werden. Am härtesten hat es die Bezirke Köln und Arnsberg getroffen. Einen Überblick über die geplanten Schließungen gibt die Tabelle 1.

Unerwünschte Nebenwirkungen des NRW-Krankenhausplans
Wie das landespolitische WDR-TV-Magazin „Westpol“ am Sonntagabend berichtete, sind diese Schließungen in NRW politisch gewollt. Die Spezialisierung bestimmter Operationen in Zentren soll mehr Qualität der Behandlung und weniger Konkurrenzkampf um Spezialisten erzeugen. Wie „Westpol“ berichtete, hat der NRW-Krankenhausplan aber schon vor dem Start im April unerwünschte Folgen für Ärzte in Weiterbildung in Kliniken, die von Schließungen betroffen sind. Carola Albert hat bis Ende Dezember in der Abteilung für Urologie des Kölner St. Hildegardis-Krankenhauses gearbeitet. Als Assistenzärztin hatte sie ihre Facharztausbildung zur Urologin im St. Hildegardis begonnen.
Ihre Entscheidung für ein kleineres Haus in Wohnortnähe war sehr bewusst. „Ich hatte durchaus, als ich mich für diesen Arbeitsplatz entschieden habe, auch andere Angebote, wo ich hätte anfangen können. Wäre mir klar gewesen, dass die Urologie im St. Hildegardis-Krankenhaus nur noch begrenzte Zeit da ist, hätte ich ganz sicher woanders angefangen“, sagte Albert in „Westpol“.
Böse Überraschung kurz nach Weihnachten

Stattdessen kam kurz nach Weihnachten die böse Überraschung. Dr. Volker Seifarth, Geschäftsführer des St. Hildegardis-Krankenhauses, teile Carola Albert zum 31. März 2025 die „ordentliche Kündigung ihres Dienstverhältnisses“ mit. Seifarth bedauert diesen Schritt zwar, verweist aber ansonsten nur auf die Verpflichtungen Alberts gegenüber der Agentur für Arbeit. Am 31. Dezember 2024 wurde die Abteilung für Urologie dann komplett geschlossen. Ursache war die neue NRW-Krankenhausplanung.
„Auf mich ist niemand zugekommen und hat geraten: Frau Albert, versuchen Sie es doch hier oder da. Wir könnten Sie ein halbes Jahr bei den Internisten beschäftigen. Da gab es jetzt keine großen Angebote, wie man es hinkriegen könnte, uns woanders unterzubringen oder uns eine nahtlose Facharzt-Weiterbildung zu ermöglichen.“

So muss sich Carola Albert jetzt eine neue Urologie-Stelle in Köln suchen. Das ist in ihrem Fall schwierig, weil sie mit zwei Kindern weniger flexibel und an ihren Wohnort gebunden ist. Der Marburger Bund kritisiert die NRW-Landesregierung, da in diesem Fall eine Hilfestellung des Krankenhauses notwendig gewesen wäre. Johannes Albert Gehle vom Marburger Bund vermisst in „Westpol“ eine gesetzliche Regelung im NRW-Krankenhausplan, die die Kliniken verpflichtet hätte, die Facharztausbildung sicherzustellen. Zum Fall Albert sagt er: „Der Träger hat ja eine Urologie an einem anderen Standort und hätte damit eine Verpflichtung gehabt, dafür zu sorgen, dass zumindest die Kolleginnen und Kollegen in der Weiterbildung dort auch beschäftigt werden oder sie mit einer anderen Urologie in Köln oder Leverkusen in Verbindung zu bringen, damit sie die Weiterbildung abschließen können.“
150 Ärzte in Weiterbildung stecken in Job-Problemen
Carola Albert ist übrigens beileibe kein Einzelfall. Bereits 150 Ärzte in Weiterbildung haben beim Marburger Bund um Beratung gebeten. Etwa 16.000 Ärzte machen gerade ihre Facharztausbildung in NRW. NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann, Initiator des NRW-Krankenhausplans, hat der Westpol-Redaktion zu der Frage der Facharzt-Weiterbildung trotz Anfrage kein Interview gegeben. In einem Statement stritt Laumann einen Handlungsbedarf ab.
„Das Erfordernis von Umstrukturierungen in der Krankenhauslandschaft – verbunden mit dem Wegfall einzelner Leistungsgruppen – war jedoch seit Jahren öffentlich bekannt (…), so dass sich insbesondere auch die Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung auf die kommenden Veränderungen einstellen konnten“,
stellt das NRW-Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Sozialordnung (MAGS) trocken fest. Laumann spielt den Ball vielmehr ans Kölner St. Hildegardis-Krankenhaus zurück. Auch ohne eine gesetzliche Regelung seien die Kliniken laut MAGS in der Pflicht, Regelungen zu finden. Im Fall Carola Albert fand dies offenbar nicht statt. Eine Stellungnahme des Krankenhauses gab es dazu nicht. Allerdings wird die Weiterbildungs-Frage ein Nachspiel im NRW-Landtag in Düsseldorf haben, wo die SPD-Opposition eine Stellungnahme der Landesregierung zu diesen Fällen angefordert hat. Vielleicht bewegt sich ja noch etwas. Der zukünftigen Urologin Carola Albert wäre es zu gönnen.
Es grüßt Sie herzlich
Ihr
Franz-Günter Runkel
Chefreporter UroForum
Dass ausgerechnet die SPD-OPPOSITION im NRW-Landtag eine „Stellungnahme“ anfordert, ist wohl ein schlechter Witz: ihr eigener SPD-Minister Lauterbach hat doch erst für dieses Szenario gesorgt…!!