S 28 KR 702/11

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Frankfurt (HES)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
28
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 28 KR 702/11
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Streitig ist zwischen den Beteiligten die Rechtmäßigkeit des Gutachtens des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) in Hessen vom 12. September 2011.

Mit Schreiben vom 27. Juni 2011 beauftragte die Beklagte den MDK mit der Prüfung, ob bei der Klägerin die strukturellen Mindestmerkmale des OPS-Kodes 8-980 (intensivmedizinische Komplexbehandlung (Basisprozedur)) erfüllt seien.

Mit E-Mail vom 14. Juni 2011 teilte der MDK der Klägerin wie folgt mit: " uns liegt ein Auftrag gemäß § 275 (4) SGB V vor, die strukturellen Mindestmerkmale des OPS 8-980 in Ihrem Hause, den A. A-Stadt, im Hinblick auf die beantragte intensivmedizinische Komplexbehandlung (Basisprozedur) zu prüfen ".

Am 30. August 2011 führte der MDK eine Krankenhausbegehung bei der Klägerin durch. Am Gespräch nahmen für die Klägerin Herr Prof. Dr. C. (Chefarzt der Abteilung für Anästhesie und operative Intensivmedizin), Frau D. (Pflegerische Gruppenleitung Intensiv- und Überwachungsstation), Herr E. (Medizincontrolling), Frau Dr. F. (zuständige Oberärztin der Medizinischen Klinik I für das interdisziplinäre Intensivzentrum), zeitweise Herr Dr. G. (Oberarzt der Medizinischen Klinik I) teil. Für den MDK nahm die unterzeichnende Gutachterin Frau H. am Gespräch teil. Im Anschluss an die Gespräche wurde das interdisziplinäre Intensivzentrum durch die Gutachterin des MDK, Frau H., begangen.

Der MDK erstellte das angeforderte Gutachten unter dem 12. September 2011. Aus diesem ging hervor, dass der MDK Urkunden über die Weiterbildungsermächtigung von Prof. Dr. C. eingesehen hatte. Des Weiteren hatte der MDK die Dienstpläne der Ärzte der Medizinischen Klinik I eingesehen. Gleiches gilt für die Dienstpläne des Pflegepersonals auf der Intensivstation.

Mit Schreiben vom 19. Oktober 2011 wies die Klägerin die Beklagte darauf hin, dass § 275 Abs. 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) nur eine interne Befugnis der Krankenkassen darstelle, Gutachterdienste des MDK in Anspruch zu nehmen. Eine externe Prüfungsmöglichkeit im Krankenhaus sei gesetzlich nicht vorgesehen. Da für die veranlasste Tätigkeit des MDK keine Rechtsgrundlage bestanden habe, sei das daraus resultierende Prüfungsverfahren rechtswidrig und somit als gegenstandslos zu betrachten. Der Beklagten werde aufgegeben, das vorliegende Prüfgutachten zu vernichten und verbindlich zu erklären, dass sie sich hierauf in Abrechnungsangelegenheiten bzw. in Budgetverhandlungen nicht berufen werde.

Hierauf reagierte die Beklagte mit Schreiben vom 1. November 2011 und führte aus, dass § 275 Abs. 4 SGB V nicht nur eine interne Befugnis der Krankenkassen darstelle, Gutachterdienste des MDK in Anspruch nehmen zu dürfen, sondern gleichzeitig auch Grundlage für die Prüfungsmöglichkeit durch den MDK im Krankenhaus sei. Im Übrigen käme auch § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V als Rechtsgrundlage in Betracht. Letztlich sei darauf hinzuweisen, dass selbst für den Fall, dass keine ausdrückliche Rechtsgrundlage existiere, das aus der Begehung resultierende Prüfergutachten verwendet werden könne, da es mit ausdrücklicher Zustimmung der Klägerin zu Stande gekommen sei.

Unter dem 1. Dezember 2011 hat die Klägerin bei dem hiesigen Gericht Klage erhoben, mit dem Ziel, der Beklagten die Verwendung des Gutachtens vom 12. September 2011 zu untersagen. Die Beklagte habe den MDK ohne Rechtsgrundlage beauftragt, eine Begehung im Krankenhaus der Klägerin zur Prüfung der strukturellen Voraussetzungen des OPS-Kodes 8-980 durchzuführen. Das darauf basierende Gutachten sei daher auf rechtswidrige Art und Weise erlangt worden. Daraus resultiere der Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Unterlassung und Abwehr sowie das Verbot der Weiterleitung an Dritte.

Die Klägerin beantragt,
1. der Beklagten wird untersagt, sich bei sozialgerichtlichen Abrechnungsstreitigkeiten, bei Entgeltverhandlungen nach § 11 Abs. 1 KHEntgG bei sich anschließenden Schiedsstellenverfahren nach § 13 Abs. I KHEntgG und sich anschließenden Klageverfahren vor den Verwaltungsgerichten nach § 18 Abs. 5 KHG auf das rechtswidrig erlangte Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung in Hessen vom 12. September 2011, den OPS-Kode 9-980 betreffend, zu berufen.

2. Der Beklagten wird untersagt, das rechtswidrig erlangte Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung in Hessen vom 12. September 2011 an jedwede Dritte weiterzuleiten oder auf sonstige Art und Weise zur Kenntnis zu bringen.

3. Der Beklagten wird angedroht, dass für jeden Fall des Verstoßes gegen eine der unter Ziffer 1 und Ziffer 2 genannten Unterlassungspflichten ein Ordnungsgeld bis zu 10.000,00 EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu sechs Monaten gegen den gesetzlichen Vertreter festgesetzt werden kann.

4. Hilfsweise wird beantragt, festzustellen, dass die Beklagte das Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung in Hessen vom 12. September 2011 auf rechtswidrige Art und Weise erlangt hat.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Die vorliegende vorbeugende negative Feststellungsklage sei unzulässig. Die Klägerin sei nicht rechtsschutzlos. Sie könne in den von ihr benannten konkreten Streitfällen jeweils eine indizierte Überprüfung des Gutachtens erreichen. Der Subsidiaritätsgrundsatz sei folglich nicht gewahrt. Jedenfalls sei die Klage aber auch unbegründet. Das Gutachten sei in Kenntnis und im Einverständnis der Klägerin zu dem Zweck erstellt worden, der der Klägerin vorab bekannt war.

Mit Schreiben vom 27. Dezember 2012 hat das Gericht die Beteiligten dahingehend angehört, dass eine Entscheidung des Rechtsstreits durch Gerichtsbescheid in Aussicht genommen sei. Dieses Schreiben des Gerichtes wurde dem Klägervertreter nach dem vorliegenden Empfangsbekenntnis am 15. Januar 2013, der Beklagten nach dem vorliegenden Empfangsbekenntnis am 21. Januar 2013 bekannt gegeben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Rechtsstreit konnte ohne mündliche Verhandlung gemäß § 105 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Gerichtsbescheid in Beschlussbesetzung - ohne ehrenamtliche Richter - entschieden werden, nachdem die Beteiligten zuvor entsprechend angehört worden sind, ihnen eine angemessene Frist zur Stellungnahme eingeräumt worden ist und die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist sowie der Sachverhalt darüber hinaus so, wie er für die Entscheidung allein rechtlich relevant ist, geklärt ist. Der Gerichtsbescheid wirkt insoweit als Urteil (§ 105 Abs. 3 1. Halbsatz SGG).

Die vorbeugende Unterlassungsklage ist zulässig.

Der Rechtsweg zu den Sozialgerichten ist eröffnet. Nach § 51 Abs. 1 Nr. 2 SGG entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen werden. Die Beteiligten des vorliegenden Verfahrens streiten um einen Unterlassungsanspruch betreffend die Verwendung des Gutachtens des MDK vom 12. September 2011 durch die Beklagte. Diese Streitigkeit stellt eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung dar, für die der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet ist.

Der Klägerin steht insbesondere auch ein Rechtsschutzbedürfnis für die Unterlassungsklage zu. Bei ihr handelt es sich um einen Unterfall der echten Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 5 SGG, so dass an sich keine besonderen Anforderungen an das Rechtsschutzbedürfnis zu stellen sind. Es ist vielmehr regelmäßig als ausreichend anzusehen, dass der Klagende behauptet, er habe einen Rechtsanspruch, dessen drohende Verletzung zu besorgen sei (vgl. zum Rechtsschutzbedürfnis bei Unterlassungsklagen aber: BSGE 60, 248, 249 = SozR 1500 § 54 Nr. 67). Für die hier vorliegende "vorbeugende" Unterlassungsklage, mit der die Klägerin die Verbreitung und Verwendung des Gutachtens vom 12. September 2011 durch die Beklagte in Zukunft verhindern will, wird hingegen ein sogenanntes qualifiziertes Rechtsschutzinteresse gefordert. Es setzt voraus, dass der Betroffene ein gerade auf die Inanspruchnahme vorbeugenden Rechtsschutzes gerichtetes Rechtsschutzinteresse darlegt, das regelmäßig nicht gegeben ist, solange er auf den nachträglichen Rechtsschutz verwiesen werden kann. Als maßgebliches Kriterium für das Bestehen eines qualifizierten Rechtsschutzinteresse wird erachtet, dass ein erneutes, als widerrechtlich beurteiltes Vorgehen der Gegenseite ernstlich zu befürchten ist (siehe u.a. BSG SozR 2200 § 368n Nr. 34; BSG Breithaupt 1980, 233, 234; BSG - Urteil vom 28. Januar 1993 - 2 RU 48/92; vgl. auch BSGE 72, 15, 24 = SozR 3-2500 § 88 Nr. 1). Diese Voraussetzung ist hier zu bejahen. Die Beklagte hält ihren Rechtsstandpunkt aufrecht, nach dem sie sich als berechtigt ansieht, das in Streit stehende Gutachten des MDK weiter zu verwenden (BSG, Urteil vom 15. November 1995, Az. 6 RKa 17/95).

Die vorbeugende Unterlassungsklage ist jedoch unbegründet. Gleiches gilt für die hilfsweise erhobene Feststellungsklage.

Grundsätzlich führt das BSG in der benannten Entscheidung zum Unterlassungsanspruch im Sozialrecht aus: "Materiell-rechtlich beruht der Unterlassungsanspruch auf einem allgemeinen Rechtsgrundsatz, nach dem der Inhaber eines Rechts, sofern ein Eingriff in ein absolutes Recht oder ein ansonsten geschütztes Rechtsgut droht, die Unterlassung des Eingriffs verlangen kann, wenn er nicht zu dessen Duldung verpflichtet ist (vgl. zum Ganzen: Laubinger, VerwArch 1989, 261, 292). Im Verhältnis Bürger-Staat wird der öffentlich-rechtliche Unterlassungsanspruch regelmäßig auf die dem Einzelnen zustehenden Freiheitsgrundrechte gestützt (vgl. OVG Hamburg, NVwZ 1995, 498, 499; Hess VGH, ESVGH 43, 252, 259 f.). Darüber hinaus kann aber die Bedrohung nicht nur grundrechtlich gesicherter Güter, sondern auch durch öffentlich-rechtliche Normen geschützter Rechtspositionen einen öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruch auslösen (z.B. nachbarschützende Normen des öffentlichen Bau- und Immissionsschutzrechts). Voraussetzung für die Begründetheit eines öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruchs ist danach zum einen eine durch öffentlich-rechtliche Vorschriften begründete und im Verhältnis zu anderen Rechtsträgern geschützte Rechtsposition, zum anderen das Drohen eines Eingriffs in diese Position."

Unter Zugrundelegung dieser Ausführungen ist das Gericht davon überzeugt, dass der Klägerin kein solcher öffentlich-rechtlicher Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte zusteht. Das Gutachten des MDK vom 12. September 2011 ist nicht in rechtswidriger Weise erlangt worden. Gegen eine bestimmungsgemäße Verwendung durch die Beklagte bestehen keine Bedenken.

Die Krankenkassen sind nach § 275 Abs. 1 SGB V in der Fassung vom 17. März 2009 (a.F.) in den gesetzlich bestimmten Fällen oder wenn es nach Art, Schwere, Dauer oder Häufigkeit der Erkrankung oder nach dem Krankheitsverlauf erforderlich ist, verpflichtet,
1. bei Erbringung von Leistungen, insbesondere zur Prüfung von Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistung, sowie bei Auffälligkeiten zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung,
2. zur Einleitung von Leistungen zur Teilhabe, insbesondere zur Koordinierung der Leistungen und Zusammenarbeit der Rehabilitationsträger nach den §§ 10 bis 12 des Neunten Buches, im Benehmen mit dem behandelnden Arzt,
3. bei Arbeitsunfähigkeit
a) zur Sicherung des Behandlungserfolgs, insbesondere zur Einleitung von Maßnahmen der Leistungsträger für die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit, oder
b) zur Beseitigung von Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit
eine gutachtliche Stellungnahme des MDK einzuholen.

Die Begutachtungsanlässe sind hierbei in § 275 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 SGB V a.F. aufgeführt. Nr. 1 bezieht sich auf alle Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung (vgl. § 11 SGB V). Auf Verlangen der Krankenkasse sind von dem MDK insbesondere die Voraussetzungen, Art und Umfang sowie die Wirksamkeit der Leistung zu prüfen. Nr. 1 wird in der Literatur als Generalklausel bezeichnet, weil sie den umfassendsten Auftrag an den MDK stellt. Es hätte ausgereicht, diese Norm als Grundnorm für die Tätigkeit des MDK aufzustellen. Auch bei der gutachtlichen Stellungnahme des MDK in Einzelfällen steht im Allgemeinen die Beratung der Krankenkasse im Vordergrund. Damit soll erreicht werden, dass ausgehend vom Einzelfall die Krankenkasse auch Hinweise zur Qualität der medizinischen Versorgung, zur Zweckmäßigkeit der Therapie und zur wirtschaftlichen Versorgung erhält. Durch Art. 1 Nr. 6b Fallpauschalengesetz (FPG) wurde Absatz 1 Nr. 1 mit Wirkung vom 1. Januar 2003 geändert. Die Zuständigkeit des MDK wurde um die Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung bei (aus Sicht der Krankenkassen) festgestellten Auffälligkeiten erweitert. Das Verfahren wird aber begrenzt auf die (Einzel )Fälle, in denen die Krankenkassen einen konkreten Anfangsverdacht auf Abrechnungsmanipulation haben (Beyer in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 2. Aufl. 2012, § 275 SGB V, Rdnr. 12).

Dies ist vorliegend nicht der Fall. Ausgangspunkt für die Beauftragung des MDK Hessen durch die Beklagte war nicht eine konkrete Einzelfallprüfung und der Verdacht auf einen Abrechnungsfehler, sondern die Klärung einer generellen Geeignetheit der Klägerin zur Abrechnung des OPS-Kodes 8-980.

Allerdings bestand für die Beklagte in Gestalt von § 275 Abs. 4 Satz 1 SGB V a.F. eine tragfähige Rechtsgrundlage zur Beauftragung des MDK Hessen.

Die Krankenkassen und ihre Verbände sollen hiernach bei der Erfüllung anderer als der in § 275 Abs. 1 bis 3 SGB V a.F. genannten Aufgaben im notwendigen Umfang den MDK oder andere Gutachterdienste zu Rate ziehen, insbesondere für allgemeine medizinische Fragen der gesundheitlichen Versorgung und Beratung der Versicherten, für Fragen der Qualitätssicherung, für Vertragsverhandlungen mit den Leistungserbringern und für Beratungen der gemeinsamen Ausschüsse von Ärzten und Krankenkassen, insbesondere der Prüfungsausschüsse.

Diese Beratungsfunktion des MDK und der anderen Gutachterdienste besitzt eine allgemeine Gültigkeit für alle Bereiche (z.B. zu allgemeinen übergreifenden Fragen, insbesondere in wettbewerbsorientierten Themenfeldern), in denen eine Krankenkasse einen medizinischen Sachverstand benötigt (Beyer in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 2. Aufl. 2012, § 275 SGB V, Rdnr. 30).

§ 275 Abs. 4 SGB V a.F. ist somit eine tragfähige Rechtsgrundlage zur Beauftragung des MDK Hessen im vorliegenden Fall. Auch für die Klärung der generellen Geeignetheit der Klägerin zur Abrechnung des OPS-Kodes 8-980 benötigt die Beklagte den medizinischen Sachverstand des MDK.

Aus dem Umstand, dass § 276 Abs. 4 SGB V sodann keine ausdrückliche Begehungsmöglichkeit durch den MDK im Rahmen eines Prüfauftrages nach § 275 Abs. 4 SGB V a.F. vorsieht, folgt nicht die Unverwertbarkeit des Gutachtens vom 12. September 2011.

Wenn es im Einzelfall zu einer gutachtlichen Stellungnahme über die Notwendigkeit und Dauer der stationären Behandlung des Versicherten erforderlich ist, sind die Ärzte des MDK nach dieser Vorschrift befugt, zwischen 8.00 und 18.00 Uhr die Räume der Krankenhäuser und Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen zu betreten, um dort die Krankenunterlagen einzusehen und, soweit erforderlich, den Versicherten untersuchen zu können. In den Fällen des § 275 Abs. 3a SGB V sind die Ärzte des MDK befugt, zwischen 8.00 und 18.00 Uhr die Räume der Krankenhäuser zu betreten, um dort die zur Prüfung erforderlichen Unterlagen einzusehen (§ 276 Abs. 4 SGB V).

Wegen des Grundrechtes auf Unverletzlichkeit von Wohn- und Geschäftsräumen (Art. 13 GG) bedurfte es dieser gesetzlichen Regelung. Sie steckt den zeitlichen Rahmen der Befugnis ab. Die genannten Einrichtungen sind auch verpflichtet, vorhandene Unterlagen vorzulegen und (räumliche) Gelegenheit zur Einsichtnahme zu geben. Allerdings betrifft die Regelung ausweislich ihres eindeutigen Wortlautes die "gutachtlichen Stellungnahme über die Notwendigkeit und Dauer der stationären Behandlung des Versicherten". Dies meint nicht die vorliegende Fallkonstellation, der Prüfung einer generellen Geeignetheit der Klägerin zur Abrechnung des OPS-Kodes 8-980.

Diese Fallkonstellation ist nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt, kann aber nach allgemeinen rechtlichen Erwägungen gelöst werden.

Mit der E-Mail vom 14. Juni 2011 bezog sich der MDK Hessen auf einen Prüfauftrag nach § 275 Abs. 4 SGB V a.F. und schlug einen Begehungstermin im Haus der Klägerin vor, welcher sodann auch tatsächlich durchgeführt wurde und der MDK Hessen unter Verwertung der dort gewonnen Erkenntnisse das streitige Gutachten vom 12. September 2011 erstellte. Die Begehung des Krankenhauses und Vorlage der entsprechenden Unterlagen fand durch die Klägerin vorbehaltlos statt. In diesem Verhalten ist eine Einwilligung in das Prozedere des MDK Hessen zu sehen. Für diese Einwilligung sind auch keine Anfechtungsgründe ersichtlich. Die nachträglich veränderte Rechtsauffassung hierzu, führt nicht zu einer Unverwertbarkeit der gewonnen Erkenntnisse. Dieser Irrtum ist nicht beachtlich.

Im Ergebnis bestehen seitens des Gerichts somit keine Bedenken an der Verwertbarkeit des Gutachtens vom 12. September 2011. Die Klage ist somit umfassend abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 105 Abs. 1 Satz 3, 197a SGG, 154 Abs. 1 VwGO.
Rechtskraft
Aus
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